Montag, 17. Oktober 2016

Ein Tag in Kobe

Hier bin ich mal wieder mit einem neuen Eintrag. (Es hat lange gedauert, ich weiß...)
An der Uni hat inzwischen das neue Semester begonnen, und die Wohnsituation hat sich für mich etwas verändert. Nicht, dass ich woanders wohnen würde, das ist alles gleich geblieben, aber meine Komillitonen aus Hamburg (und auch fast alle von anderen Hochschulen) sind jetzt wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Dementsprechend ist es sehr ruhig hier auf dem Flur, und wenn ich einmal in meinem Zimmer bin, verlasse ich es kaum noch - keine Besuche zwischendurch oder so.

Umso mehr Grund hatte ich gestern, an meinem freien Sonntag, einer Tätigkeit außerhalb des Wohnheims nachzugehen. Und ich habe etwas schönes entdeckt:
Hier an der Kobe Uni können alle Austauschstudenten umsonst den sogenannten "Kobe Happy Memory Pass" erhalten, womit man kostenlosen Einlass in 41 Museen/Ausstellungen/Touristenorte bekommt. Ich habe mir die Liste der Einrichtungen ausgedruckt, und werde die jetzt abarbeiten! :D

Gestern gings also los mit der Liste, und für mich war klar, dass ich zuerst nach Kitano 北野, wörtlich "nördliches Feld", fahre. Das ist ein Stadtteil Kobes oberhalb von Sannomiya und westlich von Shin-Kobe (für die, die sich auskennen^^), in dem früher viele ausländlische Siedler gewohnt haben, und deren im heimatlichen Stil erbauten Behausungen man heute besichtigen kann. Die Häuser sind im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden und alle möglichen Nationalitäten sind vertreten: Es gibt ein Englisches Haus, Ein Holländisches Haus, ein Deutsches Haus, ein Dänisches Haus, ein Österreichisches Haus usw.
Ich hatte mir Kitano bisher noch nicht angeschaut, obwohl es sehr bekannt, und beispielsweise der Wetterhahn auf dem Deutschen Haus zu so einer Art Wahrzeichen Kobes geworden ist.

 Hier die fotographisches Eindrücke meinerseits:

das englische Haus, Rückansicht



Deutsches Haus mit europäischem Treppengeländer

In jedem Haus gehörte standardmäßig ein Klavier zur Einrichtung! Gefällt mir.... :D


3€ für ein Paket Räucherkerzchen.

Der Balkon des holländischen Hauses war nicht begehbar.





































Mein Gesamteindruck: Sehr touristisch. Gut, es war natürlich auch Sonntag, aber die Straßen in Kitano sowie die ganzen Häuser waren gefüllt von Touristen. Dabei waren es tatsächlich fast ausschließlich Japaner! Ich hatte ja eher mit chinesischen Trauben gerechnet.

Dadurch, dass man mit dem Fröhliche-Erinnerungs-Pass kostenlos in die Häuser eintreten darf, war es für mich natürlich ein günstiger Ausflug. Aber ich würde ganz sicher nicht für den Eintritt in ein jedes dieser Gebäude 5 bis 7€ zahlen (normaler Preis), oder das Kombi-Ticket für 30€ erstehen. Das ist wirklich zu teuer!
(Vielleicht kam es mir aber auch nur überteuert vor, weil ich als Europäerin eben nicht wirklich von der Andersartigkeit der Bauweise beeindruckt war.)
Ich hatte eher immer mal einen Anflug von Heimweh beim Betrachten der geräumigen Zimmer mit Parkettboden oder den Wintergärten. Schade, dass man da nicht mehr wohnen kann. ^^

Zwischendurch hab ich mich an einem runden Platz hingesetzt und einen Crepe gegessen. Lecker. Dort fand auch eine kleine Zirkusaufführung statt, sehr beeindruckend, und bis auf die Verabschiedung komplett ohne Worte (vermutlich kommen hier doch ab und zu mal Nicht-japanische Touristen vorbei).







Insgesamt hatte ich einen schönen Nachmittag auf dem nördlichen Felde. Es war interessant, durch die Häuser zu gehen und dabei die Reaktionen der japanischen Besucher auf die Einrichtung zu belauschen ( "すごーーーい!" "Wahnsinn!!!"....) Sich vorzustellen, wie die europäischen Einwanderer früher hier gewohnt haben, war schön.
Vielleicht gehe ich auch nochmal hin, wenn die Sehnsucht nach europäischer Architektur zu groß wird. :D

So, jetzt muss ich noch Hausaufgaben machen.
Bis denn. :)
























Sonntag, 21. August 2016

Die letzten Wochen

Hallohalli!

Morgen breche ich schon auf nach Okinawa (worauf ich mich schon seeeehr freue), und bevor ich dann hier nur noch Inseleinträge schreibe, wollte ich noch über ein paar Tage in den letzten zweieinhalb Wochen berichten.
Wir haben ja seit dem 2.8. Prüfungsschluss, und seitdem war ich ein paar mal unterwegs. Außerdem hatten wir mehr Proben als in der Semesterzeit, um uns auf das Konzert vor den Senpai vorzubereiten. Dieses Konzert war vor drei Tagen, und davon möchte ich auch ein bisschen schreiben.

Letzte Woche Donnerstag also hatten wir einen Tag Pause im achttägigen Probenmarathon, und das passte wunderbar mit einer Veranstaltung der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft Nara, zu der ich dann mit Anita aus Österreich und Yannick aus Hamburg mitkommen konnte. Wir fuhren zusammen von hier los mit den öffentlichen Zügen, bis kurz vor Nara. (Das dauert circa 1 1/2 Stunden).

Dort angekommen haben wir uns mit einer Gruppe von circa 20 Leuten, bestehend aus Japanern und Deutschen, getroffen. Gemeinsam ging's auf zur ersten Station: Indigofärben!
Das ist hier in der Region, wie mir scheint, eine beliebte Ausflugsaktivität (Sarah hat das auch neulich gemacht), und wurde traditionell dort im Stadtbereich betrieben. 

Zuerst wurde uns ein bisschen was erklärt, dann konnten wir selbst loslegen. Abklemmen/binden, 10x abwechselnd in Farbe und Wasser tunken, auswringen, trocknen - fertig!


Die Werkstatt

mein Work vorher

Indigo-Farb-Kübel



Yannick beim Tuchtrocknen





und das ist mein Endergebnis! :)




































Dieses Färben hat mir echt richtig Spaß gemacht. Ich hätte am liebsten gleich nach dem ersten Versuch noch einen zweiten drangehängt und neue Muster ausprobiert. Die anderen Teilnehmer hatten teilweise ziemlich coole Muster am Ende....hm, vielleicht sollte ich doch etwas ein bisschen praxisorientierteres in Vollzeit machen... :D

In den Werkstatträumen gab es auch eine kleine Galerie mit Tüchern aus der eigenen Produktion, das war ziemlich beeindruckend:


























Nach dem Färben liefen wir weiter durch die heißen Vorstadt-Straßen in Richtung einer Goldfischattraktion. Auch eine beliebte Tätsigkeit hier: Goldfische aus kleinen Becken rausfangen. Oh man ey, ich hab die Fische gesehen. Nicht schön.
Zum Glück gab es auch noch ein alternatives Angebot für Leute, die sich dafür nicht begeistern konnten: In der Nähe gab es ein traditionelles Haus, in dem früher auch eine Färberfamilie gelebt hatte. Dort wurden einige  Stücke mit Indigo- und Goldfischbezug ausgestellt. 



Als die anderen dann mit ihrer lustigen Beschäftigung fertig waren, fand sich die gesamte Gruppe wieder zusammen, und es ging weiter zu einem sehr coolen Ort: einer ehemaligen Tankstelle, die jetzt als Café und Kreativlon benutzt wird. Es gab echten Kaffee aus der Profimaschine und selbstgemachtes Kakigori (gehobeltes Eis mit Sirup). Natürlich durften die Goldfische da auch nicht fehlen:




























Affogato al caffé








































































Das war echt ziemlich cool dort. Ein alternativer Ort mitten in der japanischen Vorstadt.
Der Ausflug insgesamt hat mir auch sehr gut gefallen! :)

Am Abend bin ich dann noch zusammen mit Yannick und Anita zum Kerzenfest im Zentrum Naras gegangen. Das wurde uns empfohlen. Ich muss aber sagen, dass es mir im Endeffekt nicht so gut gefallen hat. Grund: Viiiiel zu voll. Dementsprechend auch laut und rangelig und überhaupt nicht besinnlich oder Ähnliches.





























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Sooo, und jetzt noch zu einem anderen Ausflug, der erst 4 Tage zurück liegt: Ich war mit Anita und zwei Japanern auf dem Berg Maya. Das ist quasi unser Hausberg, und bis dahin hatte ich ihn noch nicht bestiegen. Eine Schande! 

Wir haben uns schon um 7:30 getroffen, um nicht in die totale Mittagshitze zu kommen. Ich muss sagen, dass der Aufstieg schon echt anstrengend war. Obwohl es so früh war, war es schon sehr warm und vor allem feucht, und nach kurzer Zeit war ich komplett durchgeschwitzt. Der Aufstieg dauerte bis 11:00, dann waren wir endlich oben. Aber gelohnt hat es sch trotzdem:

eine tausendjährige ...hm, war es eine Eiche?

schon auf dem Weg nach oben hat man einen tollen Blick













































beim Erklimmen




































Ryutaro, Anita und Kyos(u)ke




























endlich ganz oben!!!!



































das bedeutet: Brotzeit!





































und ein bisschen die Aussicht genießen




































































Ja, es war schon eine schöne Wanderung.
Abwärts haben wir dann allerdings die Seil- und Zahnradbahn genommen, und das war auch wirklich gut so! Ich war danach so fertig, dass ich hier im Zimmer erstmal zwei Stunden geschlafen habe! :D

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So. Dieser Eintrag ist jetzt schon ganz schön lang. Aaaaaber ich möchte trotzdem noch vom Konzert schreiben! 

Es fand am Donnerstag um 19:00 statt, die Treffzeit war aber schon 14:30 (ganz im Stil des Orchesters! :D ). Erst haben wir in der Halle die Stühle aufgebaut, und kurz nach 15:00 begann die Probe. Für die nächsten zwei Stunden haben wir die beiden Stücke nochmals geprobt, und es wurde der Ablauf des Konzerts besprochen. Danach wurde das Gesamtfoto gemacht:


Und dann hatten wir immer noch circa eine Stunde Zeit, um uns mental auf den Auftritt vorzubereiten. Das war ziemlich lustig! Wir sind nämlich zum Großteil in der Halle geblieben (haben ja auch alle schon die extra angefertigten Orchester-T-Shirts getragen) und haben gegenseitig auf unseren Instrumenten gespielt und geqatscht. Es sind auch einige Fotos entstanden! 


Okabe, Saschan-Senpai, ich, Nachan (sprich Na-Tschan)































Mit Makochan :)

klingt echt schön - wenn man einen Ton rausbekommt! :D

Ja, war wirklich nett. Und dann - ging auch schon das Konzert los! Das gesamte Konzert ist aufgenommen worden, und dank der außerordentlichen Vernetzung, die das Orchester hier aufweist, ist das Konzert schon auf Youtube zu finden. Tada:


Auf dem Video sieht man auch die Begrüßung sowie wie wir auf und abgehen von der "Bühne". Für ein paar besondere Momente empfehle ich: 

Minute 7:52
und 
Minute 24:00
(das sind zwei Stellen, wo man mich hören kann! :D)

Das Konzert war insgesamt gut, würde ich sagen. Es ist alles ganz gut gelaufen, und auch unser Dirigent war zufrieden. Eine Japanerin, die ich kenne und zugehört hat, meinte, es hätte ihr sehr gut gefallen

Nach dem Konzert haben dann alle Süßigkeiten verteilt, weil die Tage zuvor das O-Bon-Fest war, und sie von ihren Urlauben Mitbringsel-Süßes mitgebracht hatten. Dann haben uns unsere Senpai auch noch zu Getränken und mitgebrachten Tiramisu-Portionen eingeladen, und ich habe ein  Fagottistin im höheren Semester kennengelernt, die gerade aus Österreich zurück ist. Nächstes Semester wollen wir Tandem machen. :)

Joa, und dann gings weiter ins Izakaya, das ist quasi eine japanische Bar, in der man auch zu Abend essen kann. Typscherweise bestellt man als Gruppe ein Menü, und dann essen alle zusammen kleine Portionen von einem Teller, der auf den Tisch kommt. Lecker!
Meine ganzen Mitstudenten im ersten Semester sind nach japanischem Recht noch nicht volljährig (20), getrunken wurde also nicht bei uns (unser Tisch war auch der leiseste! :D). 
Aber lustig war es trotzdem. Natürlich habe ich nicht so viel verstanden, bei dem Lärmpegel und der mit Witzen erfüllten Unterhaltung, aber Moeka hat mir ziemlich viel geholfen, das war nett. Wir waren bis nach 12 dort.




Insgesamt ein sehr gelungener Tag. Was mir ganz besonders gefallen hat, ist, dass es hier völlig selbstverständlich ist, dass man nach dem Konzert zusammen weg geht. Es wird vorher geplant und für alle reserviert. In Deutschland habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass nach dem Konzert, also eigentlich nach dem letzten gemeinsamen Applaus-Annehmen auf der Bühne, alles auseinander läuft. Und das hat mich oft gestört. Warum nicht noch mal am Abend zusammen sitzen, wenn man dann das geschafft hat, was man so mühevoll vorbereitet hat? 
Also, so fand ich es perfekt! :)

Sooo, und nun hab ich auch alles von den letzten Tagen berichtet. Ab jetzt ruft die Insel!
Bis dann :)